Alexander ist 21 Jahre alte, Politik-Student an der Uni Leipzig und hat schwarzes, lockiges Haar. Neben dem Studium engagiert er sich unter anderem bei Amnesty International, organisiert Spielabende in einer Flüchtlingsunterkunft, ist journalistisch aktiv und seit März 2015 ist er UN-Jugenddelegierter.
Und was macht ein UN-Jugenddelegierter so?
Zwischen April und August radelten Alexander und Kollegin Carina Lange durch Deutschland und hörten Jugendlichen zu. Sie besuchten 30 bis 40 Jugendgruppen. Verschiedenste Persönlichkeiten kamen zu Wort, unter anderem Schüler, jugendliche Straftäter, WG-Bewohner, junge Geflüchtete, Teilnehmer von politischen Planspielen, transsexuelle Jugendlichen und noch einige mehr. Gesprächsthema waren die Vereinten Nationen.
Dafür gab es von den beiden Jugenddelegierten erstmal ein paar Infos zu den Vereinten Nationen: Die UN („United Nations“ bzw. deutsch: „Vereinte Nationen“) sind ein zwischenstaatlicher Zusammenschluss von 193 Ländern, die sich gemeinsam für die Sicherung des Weltfriedens, die Erhaltung des Völkerrechts und den Schutz von Menschenrechten einsetzen. In den Vereinten Nationen treffen also Politiker aufeinander und besprechen bestenfalls, wie sich globale Probleme lösen können. Alexander vertritt uns bei den Vereinten Nationen und sammelte davor Forderungen, Ideen und Wünsche von Jugendlichen bei seiner Reise durch Deutschland. „Was würdet ihr gern ändern?“, war die große Frage. „Mehr Liebe für alle!“ oder das Recht auf doppelte Staatsangehörigkeit waren Dinge, die Jugendliche oft eingefordert haben.
Daraus entstanden ist unter anderem das Buch „ZukUNftsmusik“, das die gesammelten Forderungen beinhaltet und von den UN-Jugenddelegierten an Bundespräsidenten Gauck (SPD) übergeben wurde.
Arbeiten im Big Apple
Von September bis Oktober tagten die Vereinten Nationen in New York, mit dabei war auch Alexander. Im dritten Ausschuss der Generalversammlung der UN hielten die beiden eine Rede, in die auch die gesammelten Forderungen der Jugendlichen einflossen. Als sich unsere UN-Jugenddeligierten ans Mikrofon beugten, konnten sie spüren, dass alle im Raum aufgehorcht haben. Die Rede bestach durch die eigene Leidenschaft und die persönlichen Erfahrungen, die mit politischen Forderungen verbunden waren. „Wir sprechen nicht für die Regierung des Landes, sondern für die Jugendlichen in Deutschland. Das gibt uns unheimlich viele Freiheiten. Wir können Dinge einfordern, die Regierungen nicht fordern können, da es zu vielen diplomatischen Problemen führen kann“, so Alexander im Interview. Belohnt wurde dies mit Applaus, den nur zwei Reden an diesem Tag bekamen.
Nachdem die Sitzung vorbei war, wurden Carina und Alexander für ihre Worte weitergelobt. „Auf uns sind immer wieder Leute zugekommen und meinten, das sind Dinge, die endlich mal jemand aussprechen musste“, berichtet Alex stolz. Insgesamt werden junge Menschen in der UN als sehr erfrischend wahrgenommen.
Dieses Jahr gab es etwas mehr als 40 Jugenddelegierte in der UN, bislang die größte Anzahl. Alexander bedauert jedoch, dass die meisten jungen Delegierten aus der westlichen Hemisphäre kamen. Sein Wunsch ist es mehr Jugenddelegierte auch aus weniger privilegierten Ländern in den folgenden Jahren dabei zu haben.https://www.youtube.com/watch?v=41XXWZ0dFqk
„Uns verbindet alle unsere Menschlichkeit“
Als junger Delegierter hat Alexander viele wichtige Menschen in politischen Ämtern getroffen und diese in jugendpolitischen Themen beraten. Er hat mit Leuten vom Auswärtigen Amt, dem Familien- und Jugendministerium und natürlich den Vereinten Nationen[C1] gesprochen. Trotzdem bleibt der junge Mann bodenständig: „Inspirierender als die Begegnungen mit den Politikern, waren tatsächlich die Begegnungen mit ganz vielen unterschiedlichen jungen Menschen. Die banale Einsicht, dass wir auch einfach alle Menschen sind, mit Wehwehchen, Träumen und Wünschen. Egal ob es Gymnasiasten, junge Geflüchtete oder jugendliche Strafgefangene sind – uns verbindet alle unsere Menschlichkeit. Und diese typisch menschlichen Sorgen und Hoffnungen unterscheiden sich manchmal gar nicht so sehr voneinander, wie man denkt.“
Verschiedene Kulturen, eine Stimme
Alexander ist in einer Familie aufgewachsen, wo man russisch miteinander spricht und ukrainisch isst. Schon in seiner Kindheit wurde er für kulturelle Unterschiede sensibilisiert. In der Ukraine geboren, in Aachen aufgewachsen, ein Auslandsjahr an einer Highschool in den USA, nach dem Abi für ein Jahr nach Peru. „Als ich in anderen Ländern gelebt habe, wurde mir immer mehr bewusst, was mich selbst ausmacht. Als Fremdkörper hinterfragt man sich mehr: Warum mache ich das so und nicht anders? Im Ausland wird man sensibler für Eigenheiten, die Kultur anderer Menschen und ist auch viel offener und schneller darin, sich auf andere Leute, egal wo sie herkommen, einzustellen.“ Das hilft ihm auch bei Vereinten Nationen: „Wenn man in Verhandlungen sitzt, wo 193 Länder vertreten sind und man sich auf den anderen einstellen muss, sind meine Erfahrungen im Ausland ein Vorteil. Das macht es ja auch so spannend, dass man versucht mit verschiedenen Kulturen eine gemeinsame Stimme zu finden.“
Echte Helden stehen füreinander ein
Wieso der ganze Stress, wofür die unbezahlte Arbeit, die sich Ehrenamt schimpft? Für Alexander ganz klar: „Weil ich der Überzeugung bin, dass eine Gesellschaft nicht bestehen kann, wenn man nicht füreinander einsteht. Ich versuche auch gerade den Leuten eine Stimme zu geben, die sie brauchen, die sie gerade nicht haben, damit diese Leute selbst irgendwann stark für sich einstehen können. Eine Gesellschaft kann nicht existieren ohne Zusammenhalt, ohne dass man sich füreinander einsetzt. Vielleicht werde ich selbst genauso eine Person mal brauchen. Staatliche Institutionen sind nicht menschlich, nur Menschen sind menschlich. Und deswegen müssen Menschen auch Menschen helfen.“
Klare Worte von einem 21-jährigen Studenten, die zum Nachdenken bewegen. Mit dieser Herangehensweise kann jeder etwas verändern, etwas verbessern – ein Held des Alltags werden. Alexander in seinem Element: „Man kann sich immer Dinge vorstellen und aus diesen Ideen und Träumen Taten werden lassen, was auch die Vereinten Nationen versuchen. Aber was man nicht machen darf, ist sich hinter Worten zu verstecken. Und nur darüber zu sprechen, was man besser haben will. Wenn einem schon irgendetwas stört, sollte man sich auch einsetzten, dass es besser wird.“
Wer sind Helden für dich?
In New York hielten Carina und Alexander nicht nur eine Rede, sie waren gemeinsam mit den anderen Jugenddelegierten an einer Jugendresolution beteiligt. Auch organisierten sie ein Nebenprogramm mit dem Namen „Silent Heros“ (deutsch: „Stille Helden“). „Es ging dabei um Menschen, die sich jetzt in der Flüchtlingskrise in allen möglichen Teilen der Welt für geflüchtete Menschen einsetzten. Und das sind sozusagen für uns stille Helden. Über die man vielleicht gar nicht so viel schreibt oder hört. Die ihre eigene Freizeit, ihr Geld und ihre Energie dazu verwenden, Menschen zu helfen, denen der Staat nicht helfen kann“, meint Alexander.
Wie wird man selbst UN-Jugenddelegierter?
Auf das Amt kann man sich bewerben. Alex hat sich gegen über 70 andere Bewerber durchgesetzt. „Es war nicht hart, es war eher aufwändig“, beschreibt er das vier-stöckige Auswahlverfahren. Gute Englischkenntnisse und selbst geleistete Jugendarbeit sind Voraussetzung für das Amt. Außerdem solltest du zwischen 18 und 24 Jahren alt sein und Interesse an Politik haben.
Du findest Alexander und sein Engagement inspirierend? Du hast jetzt schon eine Idee für ein heldenhaftes Bild, einen Kurzfilm oder fühlst dich bereit für das Quiz? Dann zögere nicht und reiche deine Ideen bei unserem Wettbewerb ein.
Text: Melanie Lal