von Victoria Gütter
Ich renne und renne und komme nicht vom Fleck. Der Schweiß tropft mir von der Stirn. Ich werde verfolgt. Er kommt immer näher, ich renne und – der Wecker klingelt. Ich brauche ein paar Minuten, um in der realen Welt anzukommen. Langsam quäle ich mich aus dem Bett. Auf dem Weg zur Uni denke ich noch darüber nach, was ich da gerade geträumt habe und vor allem: warum?
Wer träumt was?
Dieser Frage gehen weltweit Wissenschaftler, sogenannte Traumforscher, nach. Schon im 19. Jahrhundert haben sich Wissenschaftler mit Träumen beschäftigt. Traumforschern geht es – damals wie heute – nicht nur darum, was wir träumen. Sie wollen herausfinden, was mit uns passiert, wenn wir nachts wilde Abenteuer erleben.
Mehr als Hirngespinste
Aus diesem Grund schauen die Traumforscher den Menschen beim Schlafen und Träumen zu. Dafür setzen sie sich aber nicht in die Schlafzimmer fremder Leute, sondern laden sie in sogenannte Schlaflabore ein. Auch in Deutschland gibt es solche Einrichtungen. Im Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim untersuchen Wissenschaftler seit 1993 unsere Träume. Die Fäden hat dort Professor Dr. Michael Schredl in den Händen. Er weiß, dass im Traum nichts unmöglich ist.
Der Traumforscher ist der festen Überzeugung, dass der Traum mehr als nur ein Hirngespinst ist: „Er vermischt Erlebnisse aus dem Alltag, aus der Vergangenheit, in einer phantasievollen Weise.“
Keine Idee? Macht mal ein Nickerchen!
In seiner Studie hat Schredl untersucht, wie sich das, was wir träumen, auf unsere Fantasie auswirkt. Dazu haben ihm 444 Studenten erzählt, wie oft und was sie träumen. Das Ergebnis: Wer träumt, bringt seine Kreativität in Schwung.
Soll ich mich also einfach aufs Ohr hauen, wenn ich keine Idee für meinen Vortrag oder für ein Geburtstagsgeschenk habe? „Das Gehirn ist nachts kreativ“, erklärt Schredl. Deshalb haben wir im Schlaf oft Geistesblitze. „In unserer Studie haben acht Prozent aller erinnerten Träume kreative Impulse erhalten. Manche haben ihre Träume gemalt, andere entwickelten gute Ideen für ihre Diplomarbeiten oder wurden zu tollen Geschenken inspiriert.“
Auch Eltern träumen
Gut zu wissen für die nächste schlaflose Nacht vor einem Geburtstag. Aber kann ich meinen Träumen auch aktiv kreative Impulse geben? Ich habe oft das Gefühl, als würde mein Gehirn zufällig bestimmen, was sich nachts in meinem Kopf abspielt. Auch darauf weiß der Traum-Experte eine Antwort. „Wenn man sich abends vornimmt, über eine bestimmte Fragestellung zu träumen, kann man kreativ träumen.“
Allerdings hat unser Alltag einen großen Einfluss darauf, was wir träumen – und deswegen unterscheiden sich die Träume von Erwachsenen und Kindern etwas. „Im Gehirn laufen dieselben Prozesse ab. Da aber das Wachleben der Kinder sich von dem der Erwachsenen unterscheidet, sind die Inhalte der Kinderträume anders“, erklärt Schredl.„ Kinder träumen wesentlich häufiger von Tieren als Erwachsene. Wahrscheinlich deshalb, weil sie sich viel mit Tieren, Tiergeschichten, -filmen beschäftigen.“
Tschüss, schlaflose Nacht!
Kurz vor zehn Uhr liege ich in meinem Bett und denke immer noch darüber nach, wer mich letzte Nacht so verfolgt hat. Schredl rät, das Gefühl der Angst ernst zu nehmen: „Weglaufen, sprich Vermeiden, ist ungünstig. Aktives Auseinandersetzen und Konfrontation ist besser.“
Damit ich trotzdem besser einschlafen kann, habe ich mich mit einer Tier-Doku im Fernsehen abgelenkt. Ob ich damit meine Träume beeinflusst habe? Bevor ich meine Augen schließe, denke ich noch einmal fest an süße Katzenbabys und muhende Kühe. Miau, Muh. Miau, Muh,…