Der Berliner Videokünstler und Motiondesigner Daniel Bandke erzählt uns in diesem Interview etwas über Umwege zur Kunst und gibt Tipps zu Herangehensweisen an kreative Projekte. Dabei lernen wir: Den einen, richtigen Weg gibt es nicht.
jugend creativ: Daniel, du bist ein gut gebuchter Künstler im Bereich Videomapping, Animationen und Motiondesign. War für dich schon immer klar, dass du mit kreativen Ideen dein Geld verdienen möchtest?
Daniel: Ich habe zwar schon seit meiner Kindheit kreative Hobbys gehabt, aber ich kam ehrlich gesagt nie auf die Idee, dass es sowas wie eine Kreativbranche geben könnte. Meine Eltern wollten, dass ich was „Ordentliches“ lerne, mit dem ich verantwortungsvoll eine Familie ernähren könnte. Ich sollte eine Ausbildung machen. Das habe ich als Jugendlicher nie infrage gestellt. Also habe ich mir gedacht, ich mache eine Ausbildung zum Autolackierer. Das klang damals nach einem total kreativen Job. In meiner Vorstellung malte ich geile Linien und Bilder auf die Autos. Die Realität sah natürlich etwas anders aus. Die Autolackiererei bot mir schließlich einen Ausbildungsplatz als Karosseriebauer an, den ich auch annahm. Während dieser Ausbildung wurde mir aber schnell klar, dass ich nach dem Abschluss der Lehre nach etwas Neuem suchen werde.
jugend creativ: Was hast du gefunden?
Daniel: Ich bin begeisterter Musiker. Ich träumte auch von einer Musikkarriere und begann ein Privatstudium Tontechnik. Mein Ziel war es, ein eigenes Tonstudio im Keller meiner Eltern aufzubauen und meine Platten selbst zu produzieren.
jugend creativ: Karosseriebauer und Tontechniker – das ist beides recht weit weg von Bildern, Animationen und Videos. Wann hast du diesen Weg eingeschlagen?
Daniel: Während meines Studiums fing ich bei einer Fernsehproduktion in Köln an zu arbeiten. Ich wurde Projektleiter für die Sendung „Quiztaxi“. In dieser Zeit habe ich mich am liebsten bei den Schnittleuten in der Postproduktion herumgetrieben. Deren Job fand ich unglaublich spannend und ich wollte das auch machen. Nachts habe ich mich dann an die Rechner gesetzt, Tutorials abgearbeitet und erste Musikvideos produziert. Das war eine anstrengende, aber sehr erfüllende Zeit! Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich immer nur rational entschieden, was für mich der logische nächste Schritt im Leben sein wird. So wurde mir das vorgelebt. Doch plötzlich brannte ich für ein Thema und konnte es nicht mehr aus meinem Kopf kriegen. Ich bin dann regelrecht aufgewacht, als ich eine alte Schulfreundin getroffen habe, die früher genauso wie ich immer malte. Sie hatte nach der Schule Produktdesign studiert und verdiente damit Geld. Für mich war als Jugendlicher vollkommen unklar, dass es sowas gab. Und ich begriff, dass man die Leidenschaft zum Beruf machen kann. Ich hätte nie gedacht, dass ich sowas mal finden werde. Ich ließ dann alles hinter mir und konzentrierte mich nur noch auf den Weg, der vor mir lag.
jugend creativ: Du hast als Dozent dein Wissen und deine Erfahrungen mit deinen Studenten geteilt. Was hältst du für wichtig, um ein künstlerisches Talent zu entdecken und zu entwickeln?
Daniel: Vorbilder helfen, aber vor allem braucht man Inspiration. Für Kreativität ist wirklich ganz entscheidend, dass man sich inspirieren lässt. Und hier gibt es keine Regeln! Ich bin der festen Überzeugung, dass man ohne Scheu solange mit Dingen herumexperimentieren sollte, die einem selbst sehr gut gefallen, bis sich nach und nach ein eigener Stil daraus entwickelt. Wenn wir genau hinschauen, erkennen wir, dass es alles, was man sich ausdenkt bereits in irgendeiner Form gegeben hat. Man sollte sich also unbedingt davon lösen die eigene Leistung danach zu bewerten, ob das eigene Werk schon einmal in einer ähnlichen Form existiert hat oder nicht. Ich kenne ausgezeichnete Grafiker, die sich erstmal ganz viele verschiedene Arbeiten anschauen, um sich inspirieren zu lassen und so ein Gefühl für ein Thema bekommen. Das ist absolut ok! Bei mir selbst klappt das allerdings nicht, ich muss anders an meine Projekte rangehen.
jugend creativ: Ok, also Inspiration durch andere Künstler und Arbeiten ist ein Weg. Das ist ein guter Tipp. Für dich gibt es jedoch einen anderen Zugang zu neuen Themen. Ich bin neugierig!
Daniel: Egal, was ich tue, ich kann nur in Geschichten denken. Ich stelle mir immer als Erstes die Frage, was ich eigentlich erzählen möchte und was meine Botschaft sein soll. Dabei ist es egal, ob ich ein Plattencover designe, eine neue Projektion, wie zum Beispiel zuletzt zu „30 Jahre Mauerfall in Berlin“ am Brandenburger Tor oder in Taiwan bei der Eröffnung des „Weiwuying National Kaohsiung center for the arts“. Während ich das aufschreibe, fallen mir meistens auch gleich die ersten Ideen ein. Das können bestimmte Styles sein oder Effekte. Das notiere ich mir und dann lasse ich viel aufs Bauchgefühl ankommen. Die Geschichte gibt mir nicht nur einen Rahmen, sondern ist mein Anker. Aus dieser Geschichte kann ich mir immer wieder einzelne Themen herausziehen, die ich wiederum interpretieren kann. Und wenn ich feststelle, dass mein Konzept oder meine Darstellung noch nicht vollständig ist, greife ich auf den Gesamtplot zurück.
jugend creativ: Das sind zwei interessante Herangehensweisen an kreative Projekte. Hast du noch einen letzten Tipp für unsere Teilnehmer*innen, die sich bei unserer aktuellen Wettbewerbsrunde mit dem Motto „Glück ist …“ beschäftigen?
Daniel: Hey „jugend creativ“ – Teilnehmer, macht euch keine Gedanken, wie andere das finden, was ihr macht. Es geht einzig und allein darum, wie ihr das selbst findet und wie ihr es mit eurer Geschichte verknüpft. Ich habe meinen Studenten immer gesagt, ich kann euch nur das Handwerk beibringen, die Ideen müsst ihr selbst entwickeln. Es gibt kein Geheimrezept und alle kochen nur mit Wasser bzw. alle können die gleichen Werkzeuge nutzen. Doch das wie und warum, das ist der entscheidende Punkt. Das kannst nur du selbst herausfinden, indem du dich ausprobierst und auf dein Bauchgefühl hörst.