Barrierefreiheit eingeschränkt
Auch der heute 32-jährige Thomas musste diese Erfahrung machen. Kennenlernen durfte ich ihn an seiner heutigen Uni in Düsseldorf. Er ist gehbehindert und sitzt deshalb die meiste Zeit im Rollstuhl. Was passiert, wenn man ein Interview mit einer solchen Persönlichkeit führen soll, wird mir erst bewusst, als wir einen Ort für das Interview suchen. Da stellen sich die ersten Fragen: Wo ist die Barrierefreiheit gegeben, damit Thomas mit seinem Rollstuhl überhaupt Zugang hat? Was passiert wenn wir auf dem Weg dorthin auf eine Treppe stoßen und ein Aufzug weit und breit nicht in Sicht ist? Zum Glück bleiben diese ganzen Probleme dann doch aus. Allerdings erzählt mir Thomas im Laufe des Interviews, dass das nicht immer so war oder ist. Seine ehemalige Schule brauchte ein wenig Vorlauf, um sich auf ihn einzustellen. „Sie haben für mich einen Treppenlauf befestigt, an dem ich mich abstützen konnte. Die Toiletten waren nicht behindertengerecht. Aber ich hatte immer einen Schlüssel für Toiletten, die größer waren.“
Ganz schön hart, denke ich mir. Man müsse sich doch eigentlich ein wenig ausgeschlossen fühlen bei so vielen dagewesenen Barrieren. Doch das sieht Thomas anders. Geholfen haben Thomas auf seinem Weg seine Freunde und seine Eltern. „Ich habe und hatte keinen Betreuer. Jetzt an der Universität nehme ich nur manchmal für Buchrecherchen Hilfe in Anspruch.“
In seiner Stadt und auch an seiner alten Schule erkennt man inzwischen den Fortschritt. „Es ist noch nicht alles perfekt. Es gibt immer noch viele Dinge, die für Barrierefreiheit geändert werden müssen. Die Stadt und auch meine ehemalige Schule bemühen sich sehr das Thema in Angriff zu nehmen.“
Einige Städte bieten mittlerweile sogar Websites an, wo Rollifahrer herausfinden können, ob Geschäfte, Restaurants und Bahnen schon barrierefrei sind. Auch Sportvereine haben sich auf Rollstuhlfahrer sensibilisiert. Es gibt zum Beispiel Rollstuhlbasketball oder Fechten. Insgesamt liegt die Bandbreite für Rollstuhlfahrer hier bei 28 ausgewiesenen Rollstuhlsportarten.
Diskriminierung kaum ein Thema
Als Jugendlicher war Thomas trotz Rollstuhl immer aktiv. Auch wenn es manchmal schwierig war. „Ich wollte mobil bleiben und möglichst alles alleine machen. Während die anderen Fußball gespielt haben, habe ich mich durch Sportcomputerspiele abgelenkt.“ Er war ein ganz normaler Junge. „Ich hatte Krankengymnastik und bin geritten. Jetzt mache ich vom Uni-Sport aus Judo.“ Ich schaue ihn anscheinend erstaunt an, denn er erklärt mir sofort, wie er die Grifftechniken anwendet. Das ist laut Thomas leichter, als ich denke. „Ich sitze entweder oder knie mich hin. So kann ich zwar nicht alle Grifftechniken anwenden, die ich im Stehen anwenden kann, aber wenigstens einige.“ Zudem interessiert sich der Student für Musik und Literatur. „Ich höre und lese alles quer durch den Gemüsegarten.“
Diskriminierung ist Thomas ein Begriff, auch wenn er sie zum Glück kaum am eigenen Leib erfahren musste. „Es gab eigentlich keine komischen Blicke oder Bemerkungen. Klar gab es den ein oder anderen, der nicht so richtig wusste, wie er mit mir umgehen soll. Das hat sich mit der Zeit und dem Alter aber gelegt.“ Nur an eine Situation erinnert er sich noch ganz genau. „Ich habe zwischenzeitlich an Rollenspielen teilgenommen. Irgendwann meinte die Gruppe zu mir, dass ich nicht mehr mitmachen könnte, weil ich dafür nicht geeignet bin. Da habe ich mich wirklich diskriminiert gefühlt.“
„Gelassen bleiben“
Wie viele junge Menschen in seinem Alter nutzt Thomas regelmäßig das Internet. Zum Wettbewerbsthema hat er sich deshalb etwas Besonderes ausgedacht „Wenn ich ein Bild zum Thema „Immer mobil. Immer online. Was bewegt dich?“ malen könnte, würde ich einen Nerd zeichnen, der vor seinem Computer mit gelb leuchtenden und schon fast aus den Höhlen springenden Augäpfeln, hochrotem Kopf und zerzausten Haaren sitzt und sich seine Finger an der Tastatur wundgetippt hat.“ Er erklärt, dass das Internet zwar wichtig und unabdingbar ist, er sich aber auch gerne einmal daraus zurückziehen mag, um seinen anderen Hobbies nachzugehen. Wenn ich etwas von Thomas lernen kann, ist es sicher eines: „Gelassen bleiben und für seine Träume kämpfen, ist wichtiger als sich an Kleinigkeiten aufzuhalten.“ Thomas ist dafür wohl das beste Beispiel. Trotz Barrieren geht er seinen Weg.
Viele unter euch sind auch ihren Weg gegangen und haben ihren kreativen Beitrag zum „jugend creativ“-Wettbewerb eingesendet. Jetzt heißt es Geduld haben, gelassen bleiben und abwarten, wie die Jury über eure Ergebnisse entscheidet und vielleicht seid ihr einer der Glücklichen, die später auf den Scheersberg in Schleswig-Holsstein fahren dürfen und eine unvergesslich kreative Woche erleben können.
Text und Foto: Franziska Bulle