Es ist nicht selten, dass aus einer normalen Freundschaft plötzlich mehr wird. Aber auch nicht zu viel: Eine Freundschaft also und doch noch keine richtige Beziehung. Zu kompliziert? Autorin Lilly versucht euch anhand der Geschichte von Anna und Lukas Freundschaft Plus – oder auch „friends with benefits“ – zu erklären.

 

Seltsame Verbundenheit

Anna und Lukas haben nie wirklich ausgemacht, friends with benefits zu sein.“ Es habe sich einfach so ergeben“, erklärt Anna. „Ich kann mit seinen Freunden nicht so. Es wäre komisch geworden.“ Anna sitzt auf ihrem Bett, eine Decke über ihren Beinen. Sie wird rot, während sie erzählt. „Ich fand Lukas toll, wusste aber, dass ich keine Beziehung wollte.“

Es begann im Chemieunterricht und wurde mehr auf einer Party, erinnert sie sich: „Ich habe die Initiative ergriffen. Er hatte sturmfrei. Wir haben geredet, gelacht und geflirtet. Und uns geküsst. Wenn wir uns jetzt treffen, machen wir rum. Aber wir sind trotzdem nur Freunde.“ Wenn sie weder zu ihm noch zu ihr nach Hause können, würden sie sich im Auto treffen. Was nach amerikanischen Filmen und zu wenig Platz klingt, sei für Anna, zumindest am Anfang, gemütlich gewesen: „In der Enge des Autos lagen wir nah beieinander und fühlten uns seltsam verbunden.“

Enttäuschungen – Was tun?

Freundschaft Plus sei für die beiden zunächst schön und einfach gewesen, erklärt Anna. Doch mit der Zeit wurde es komplizierter – Gefühle kamen hinzu: „Ich spürte eine emotionale Abhängigkeit und war enttäuscht, wenn Lukas auf Nachrichten nicht antwortete. Ich war eifersüchtig, hatte jedoch kein Recht dazu.“ Anna begann daraufhin sich mit anderen Jungs zu treffen – das mit Lukas brach trotzdem nicht ab. „Ich bemerkte, dass meine Vorstellung von Freundschaft Plus anders aussah. Ich dachte, dass wir uns halt auf Partys treffen und rummachen würden. Doch irgendwann herrschte immer mehr Sprachlosigkeit zwischen uns. Gerüchte über uns kursierten in der Schule. Und Lukas bekam es dort nicht einmal mehr hin, mich zu grüßen.“ Trotzdem sei er nach wie vor ein guter Freund für Anna: „Ich kann gut mit ihm lachen.“

Hin- und hergerissen

Irgendwann wusste Anna nicht mehr, was sie tun soll. Und was tut man, wenn man mit Jungs Probleme hat und nicht weiter weiß? Richtig, man fragt seine Freunde. Ihre beste Freundin unterstützt Annas spezielle Freundschaft mit Lukas. „Sie hat gesagt: ‚Mach mal!‘ Ich fand es gut, dass sie so offen war und es mir nicht ausreden wollte. Aber sie hat auch gesagt, dass ich das emotional nicht trennen kann. Womit sie letztendlich Recht hatte.“

So einfach wie im Film „Freunde mit gewissen Vorzügen“ ist Freundschaft Plus dann wohl doch nicht – und über ein Happy End wie im Film wird bei den beiden gar nicht erst geredet. Anna müsse immer wieder über ein mögliches Ende der Freundschaft nachdenken, erzählt sie. „Was bleibt, wenn wir nicht mehr flirten? Und wann merken wir, dass es zu Ende ist? Und was mache ich, wenn Lukas einfach nicht mehr will? Auf seine Nachrichten nicht mehr reagieren? Darüber reden? Ihn ignorieren? Ich denke, irgendwann ist es unausgesprochen klar, dass es vorbei ist“, denkt Anna laut nach.

Sie hat sich neu verliebt. „Ich mag Lukas, aber ich glaube, er ist mir nicht mehr so wichtig wie früher. Ich möchte weiter mit ihm flirten, weiß aber nicht, ob das so geht“, erklärt Anna. Sie stellt sich nicht nur Fragen nach der Liebe und dem Ende der Freundschaft, auch kleine Fragen will sie beantwortet wissen: Soll sie Lukas nun ein Gruß ins Abi-Buch schreiben oder nicht? Sie steht zwischen dem Gedanken, dass die beiden keine gemeinsame Zukunft haben und dem Gefühl, ihm etwas hinterlassen zu wollen. Sie fragt sich, ob die beiden sich etwas schuldig sind.

Kompliziert, aber spannend

Freundschaft Plus ist also wirklich kompliziert. Der Partner kann sich mit anderen treffen, ohne dass man ein Recht hat, etwas dagegen zu sagen. Freundschaft Plus ist auch anstrengender, weil man die Gewissheit über die Gefühle des Anderen nicht hat – und vielleicht auch nicht immer über seine eigenen. Vielleicht ist Freundschaft Plus eine Herausforderung. Auf jeden Fall ist diese Freundschaftsform alles andere als langweilig, und definitiv aufregend. Man fühlt sich freier und älter. Es ist nicht die „klassische“ Schulbeziehung, bei der man sich erst die große Liebe verspricht und sich dann nach drei Monaten wieder trennt. Vielleicht ist Freundschaft Plus genau das: das Andere. Das Unvorhersehbare ohne Verpflichtungen, aber mit dem Halt und der Geborgenheit einer Freundschaft.

Text: Lilly Grünmüller