E-Sport ist auf dem Vormarsch: 27 Millionen Menschen weltweit spielen jeden Tag League of Legends und Sponsoren und Spielefirmen schütten Millionen Dollar an Preisgeldern aus. Aber wie sieht der Alltag eines Profigamers aus und wie wird man das überhaupt? Ideengeber Holm hat sich das mal angeschaut.

—————-

700.000 Euro. Das sind die Einnahmen, die Profigamer Carlos „ocelote“ Rodriguez für 2013 nennt. Verdient hat er sie mit zocken.So viel Geld lässt sich also mit Gamen verdienen und Gamer bin ich ja auch! Ocelote hat sie mit dem größten Spiel der Welt verdient: League of Legends. Und das spiele ich in meiner Freizeit auch! Und 700.000 im Jahr wären schon nicht schlecht.

Was sind ProGamer?

Das Hobby zum Beruf machen, ein Star werden, die ganze Welt sehen, Millionen von Fans: Das wäre doch genau das Richtige! Aber was ist ein Profigamer überhaupt? Wirkliche Profis verdienen ihren Lebensunterhalt mit einer Tätigkeit, und da ist es natürlich egal, ob das mit Sport, als Bauarbeiter, oder als Gamer ist. Ein „Pro“ ist in einem Game besonders gut, zeichnet sich durch besondere Fähigkeiten wie überragende Auge-Hand-Koordination, übermenschliche Reaktionen und ein außerordentliches taktisches Verständnis aus. Er ist einfach besser als der große Rest der Welt.

Alle Spiele werden in großer Zahl auch von Amateuren gespielt, aus ihnen rekrutieren sich sogar die späteren Pros. Die größten Vertreter, in denen auch das meiste Geld steckt, sind heute die Moba-Spiele Defence of the Ancients (Dota) und League of Legends (LoL), sowie das Strategiespiel Starcraft und der Shooter Counter Strike.

Profigamer sind meist Teil eines Teams oder zumindest einer Organisation, ähnlich einem Verein beim Sport. Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt mit Preisgeldern von Turnieren, Streaming-Erlösen, Einnahmen aus Merchandising und immer häufiger auch durch feste Verträge mit ihren Organisationen. Streaming wird für die so genannten „Free Agents“, also die Spieler ohne Organisation oft zur Haupteinnahmequelle. Der Pro spielt sein Spiel und tausende Menschen können ihm per Livestream dabei zuschauen. Geld verdient er mit eingeblendeter Werbung, Spenden der Zuschauer und Productplacement.

Pro sein

Also zuhause ein bisschen zocken, am Wochenende mal nach Berlin zum Spieltag und spielend die halbe Million im Jahr scheffeln? Weit gefehlt: Wer in den Kosmos der Pros eintauchen möchte, hat im Internet viele Möglichkeiten. Das Netz ist ihr Medium, sie sind aktiv auf YouTube und in allen sozialen Netzwerken. Natürlich berichten die jungen Stars über alles, was in ihrer Welt passiert. Über SK-Gaming, das deutsche Erstliga-Team bei LoL ist zu lesen, dass sie fünf Mal in der Woche elf Stunden am Stück trainieren. Einen Tag in der Woche geht es zum Spieltag der Liga, einen Tag haben sie frei. Die Trainingstage verbringen sie in einem abgedunkelten Raum in einem Industriegebiet in Berlin. In Amerika sind darüber hinaus so genannte Gaming-Houses üblich, also Häuser in denen das Team gemeinsam wohnt.

Da dachte ich mir so: Das ist ja total geil!? Mit den Kumpels in einem Haus leben und den ganzen Tag zocken! Aber auch hier wieder weit gefehlt. Die Jungs hausen in ihren Zimmern ohne wirkliche Einrichtung – sie leben ja eh vor allem im Wohnzimmer. 14 Stunden pro Tag stehen beispielsweise bei TSM, dem Nummer-1-Team aus Amerika auf dem Programm. Der Tag unterteilt sich in Testspiele gegen andere Teams und das spätere Streamen des eigenen Solospiels.

Im Kontrast zu Asien ist das aber fast noch freizeitliches Spielen. Die asiatischen Teams verbieten ihren Pros zum Teil sogar eine Freundin, bis die Weltmeisterschaften durch sind: Zu zeitintensiv. Pro sein setzt sich also im Wesentlichen aus drei Teilen zusammen: Training, Wettkämpfe und nebenher Geld verdienen mit Streaming und kleinen Arbeiten, z.B. als Experte in Online-Fernseh-Formaten, die sich mit ihren Spielen beschäftigen.

Pro werden

Bis man an einem Punkt ankommt, wie beispielsweise Patrick „Nyph“ Funke, ist es ein langer Weg. Er ist einer der ganz normalen deutschen Pros, und verdiente 22.000€ im Jahr allein mit Preisgeldern.

Die Spieler für die großen Teams im LoL werden aus den Amateuren rekrutiert. Zuerst spielt man sich in seiner jeweiligen Region unter die besten 0,01 Prozent, die Top 200. Das allein ist schon eine Mammutaufgabe, wenn man nicht gerade besonders begabt ist und benötigt sehr, sehr viel Zeit. Hat man das geschafft, gilt es Kontakte zu knüpfen, die anderen Spieler sollen sehen, dass man cool und teamkompatibel ist. Natürlich spielen da oben alle Pros mit, abends verdienen sie dort ja ihr Geld mit ihren Streams. Die muss man nun kennen lernen und dann kommen irgendwann Anfragen von kleineren Teams und ab da ist es der gleiche Weg, wie für einen Profifußballspieler: Stück für Stück in bessere Teams aufsteigen.

Nyph ist damit schon durch. Mit 25 ist er nun Trainer seines ehemaligen Teams und bekommt sicher ein Festgehalt. Ist man bei einem der Topteams unter Vertrag, hat man es geschafft. Ocelotes 700.000 bleiben zwar eine Ausnahme, da er um seine Person eine Marke geschaffen hat: Leute kaufen seine Mäuse und Tastaturen, weil sie ihn großartig finden.

Vielfalt in der E-Sportszene

Die E-Sport-Industrie wird immer größer und es muss ja nicht Progamer sein. Der Medienzirkus den Riot Games, die Firma hinter League of Legends, bei jedem Ligaspiel abbrennt, ist immens. Der Aufwand könnt ihr mit der Fernsehübertragung eines Fußballspiels vergleichen. Ihr könnt also auch Analyst, Kommentator, Kameramann werden, sprichwörtlich alles, was ihr euch vorstellen könnt.

Wer aber doch den Entschluss fasst, Gamer zu werden, der sollte einiges wissen: Eine aktive Pro-Karriere beginnt so etwa mit 16 Jahren und endet allerspätestens mit 27. Zumindest was Turniere angeht. Streamen kann man immer. League of Legends, wie gesagt das Spiel mit den besten Verdienstmöglichkeiten, spielen derzeit 27 Millionen Menschen täglich, das sind mehr Menschen als die 39 bevölkerungsreichsten Länder Europas Einwohner haben…

Die Konkurrenz ist also groß. Und es kostet Zeit. Kaum ein Pro studiert, beendet die Schule und wenn, dann nur mit viel Stress. Partnerschaften sind ebenso selten. Und englisch solltet ihr fließend beherrschen.

Für mich kommt das mit dem Progamer nicht mehr in Frage. Ich bin schon viel zu alt. Außerdem halte ich kaum vier Stunden am Stück LoL durch, ohne schlimme Kopfschmerzen zu bekommen. Wie soll das 14 Stunden am Tag gehen? Und die 700.000, die Ocelote verdient hat, sind ihm wohl auch kaum zugeflogen.

Optional könnte ich da besser Starregisseur werden. Zum Beispiel beim Video-Wettbewerb von „jugend creativ“. Der befindet sich gerade in der letzten Phase! Am 28. Mai bestimmt die Bundesjury, welche der Kurzfilme am Ende mit einem professionellen Workshop an der Ostsee belohnt werden. Vielleicht ein Ticket zu Ruhm und Reichtum. Fast spielend erreicht.

Text: Holm Kräusche