Erfindungen sind eine Männerdomäne. Das denken zumindest viele Leute – aber zu Unrecht. Pioniergeist ist nämlich nicht nur dem einen Geschlecht vorbehalten. Ohne die Entdeckungen und Erfindungen vieler Forscherinnen wäre die Wissenschaft, wie wir sie heute kennen, nicht vorstellbar. Die Erforschung der DNA zum Beispiel, oder die Weiterentwicklung des Computers zu dem komplexen Rechner wie wir ihn heute kennen, wären ohne Frauen vielleicht nie passiert.

Bei Durchbrüchen in der Wissenschaft und bahnbrechenden Erfindungen denkt die Allgemeinheit wohl eher an Persönlichkeiten wie Bill Gates, Steve Jobs oder Elon Musk – um ein paar aktuelle Beispiele zu nennen. Zweifelsohne sind es kluge und innovative Männer, die das Bild der modernen Wissenschaft prägen. Aber besser gesagt: auch prägen. Frauen als Erfinderinnen sind nämlich noch immer unterrepräsentiert und zu wenig geschätzt für ihre Errungenschaften.

Von Physik bis Medizin

Besonders die Naturwissenschaften wären heute ohne die große Anzahl von Erfinderinnen und Wissenschaftlerinnen nicht so weit fortgeschritten. Die wohl bekannteste Physikerin aller Zeiten ist Marie Curie: Sie untersuchte die Strahlung von bestimmten Stoffen und bezeichnete sie als erste als „radioaktiv“. Gemeinsam mit ihrem Mann entdeckte sie die Elemente Polonium und Radium – die haben viele von euch bestimmt auch schon während des Chemieunterrichts im Periodensystem gesehen. Somit beeinflusste sie das Wissen der Naturwissenschaften maßgeblich. Marie Curie bekam für ihre Arbeit sowohl den Nobelpreis für Physik, als auch den für Chemie. Damit ist sie die einzige Frau, die diesen begehrten Wissenschaftspreis gleich zweimal bekommen hat. Anwendung findet ihre Forschungsarbeit zum Beispiel in der modernen nuklearen Medizin (Radiologie).

Einen ebenso bedeutenden Einfluss hatte die Arbeit von Rosalind Franklin. Die britische Biochemikerin untersuchte mit Hilfe von Röntgenstrahlen in den 1950er-Jahren den Aufbau der DNA. Erst ihre Ergebnisse führten die beiden späteren Medizin-Nobelpreisträger James Watson und Francis Crick zur Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA. Ein Durchbruch für alle Biologen, Chemiker und Mediziner!

Die Schere, die unser Leben verändern könnte

2014 gelang den beiden Wissenschaftlerinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier die Entwicklung der sogenannten „Gen-Schere“. Das ist ganz schön kompliziert, was die beiden da gemacht haben: Mit ihrer Technologie kann man DNA verändern – das heißt, zerschneiden und wieder zusammensetzen – und damit theoretisch vererbbare Krankheiten heilen. CRISPR/Cas9 heißt diese Technik offiziell. (Das macht sie nicht grad besser verständlich, oder?) Hinter dem Namen steckt das Immunsystem von Bakterien, das CRISPR heißt, und von dem sich die Forscherinnen inspirieren lassen haben. Cas9 ist ein bestimmtes Protein aus dem Immunsystem, welches die DNA von Viren zerschneiden kann, wenn diese versuchen, die Bakterien anzugreifen. Eine fast unvorstellbare Sache! Aber mit dieser Technik kann man den grundlegenden Baustein allen Lebens verändern – eine sehr eindrucksvolle Erfindung, wenn man sich das mal genauer überlegt.

Die Computerpionierin

Die Welt der Technik wandelt sich fortlaufend. Vor ein paar Jahrzehnten waren für uns heute alltägliche Begleiter wie Smartphones noch undenkbar. Doch bevor Smartphones Massenware wurden, mussten Computer erstmal für die Allgemeinheit verständlich werden. Einen wichtigen Teil dafür trug die US-amerikanische Computerpionierin Grace Hopper bei. Zu ihrer Zeit mussten riesige Computer noch mit komplizierten Lochkarten bedient werden. In den 1940er Jahren kam sie dann auf die Idee, Computerprogramme nicht mehr im binären System – also nur mit Einsen und Nullen – sondern in einer richtigen Sprache zu schreiben. Sie hatte dementsprechend als erste die Idee, Programmiersprachen zu entwickeln, ohne die moderne Computer, Programme (und all unsere Smartphones) quasi immer noch undenkbar wären.

Gleiche Chancen und Klischees

Dass Frauen ihren Beitrag in der Wissenschaft leisten konnten, war nicht immer so selbstverständlich wie heute. Im Gegensatz zu den Männern, mussten sich Frauen viele Rechte erst im Zuge der Aufklärung gegen starken Widerstand von Kirchen und politischen Herrschern erkämpfen. Diese fürchteten nämlich ihre Privilegien gegenüber der weiblichen Bevölkerung zu verlieren. Trotz vieler Erfolge und wissenschaftlicher Durchbrüche ist es noch ein weiter Weg bis zur wirklichen Gleichberechtigung. Nach Angaben der EU-Kommission sind Frauen in vielen Teilen Europas weiterhin beruflich benachteiligt. Während der Anteil weiblicher Studentinnen in der Bundesrepublik Ende 2014 noch bei gut der Hälfte lag, war zur gleichen Zeit nur etwa jede fünfte Professur an einer Universität mit einer Frau besetzt.

Also: Es steht fest, dass viele Erfindungen ohne kluge Frauen heute nicht existieren würden. Zahlreichen Erfinderinnen und Wissenschaftlerinnen gelang es, Akzente zu setzen und mit ihren Erfindungen unsere Gesellschaft weit nach vorne zu bringen – trotz des Klischees des männlichen Erfinders.

Text: Nico Amiri